Home | Wettkampfergebnisse | Bestzeiten | Laufberichte | Kontakt | Gästebuch


Frank P. - Meine Laufberichte






26.05.2019 Edinburgh-Marathon

Nachdem ich vor genau einem Jahr den tollen Bericht von Ulrike aka harriersand im Laufforum gelesen hatte, bekam ich sofort Lust, auch selbst einmal nach Edinburgh zu fliegen und dort den Marathon zu laufen. Und warum nicht gleich im Folgejahr?
Als ich Ende letzten Jahres meinen „Laufreisezwilling“ J.R. fragte, ob er Lust hätte, im Mai 2019 mit mir zum Edinburgh-Marathon zu fahren, war er sofort einverstanden.
Anmeldung sowie Buchung von Billigflieger und Hostel erledigten wir etwa zur Jahreswende.

Leider bekam ich im Winter Probleme mit der Achillessehne. Mit einer akuten Entzündung musste ich von Anfang Februar bis Ende März sechs Wochen das Laufen ganz und gar einstellen. Danach begann ich mit immer noch leichten Schmerzen ganz vorsichtig mit dem Training und steigerte es von Woche zu Woche nur ganz dosiert. Ein einziger 30er und zwei 25er sind als lange Läufe zustande gekommen. In der kilometerreichsten Woche lief ich 50 km und das Trainingstempo war bei allen Läufen, ob kurz oder lang, 6:30 Min./km. So schlecht vorbereitet auf einen Marathon war ich zuletzt 1990, meinem bis vor dem letzten Wochenende einzigen Marathon beginnend mit einer 4 als Endzeit, als ich kurzfristig ohne wirkliches Training für meinen Bruder einsprang. Aber damals war ich 25 Jahre alt...

Die Anreise verlief mit einem Billigflieger problemlos. Unser Hostel war untergebracht in einer alten Kirche, ca. 20 Minuten Fußmarsch zum Zentrum. Das Wetter war an den ersten Tagen richtig gut mit blauem Himmel und Sonnenschein. Die Temperaturen erreichten allerdings an allen Tagen nur max. 12-17° C, was aber für Schottland in dieser Jahreszeit normal ist.
Die ersten Tage verbrachten wir mit Sightseeing. Edinburgh ist die alte und auch wieder aktuelle Hauptstadt Schottlands mit einer langen Geschichte und einer mittelalterlichen Altstadt, an deren Ende oder Anfang auf einem Vulkansteinhügel eine beeindruckende Burg, das Edinburgh Castle, thront. Von dort aus geht die bedeutendste Straße, die sogenannte Royal Mile, immer absteigend bis zum Parlament und dem Palast von Hollyroodhouse, der offiziellen Residenz der britischen Königin in Schottland. Dort beginnt dann der Hollyrood Park mit dem Arthur’s Seat, einem wuchtigen Vulkanberg, den man ersteigen kann, was wir auch taten.

Am Samstagmittag, einen Tag vor dem Marathon, fand für uns die Running-Tour statt, die wir aufgrund der Empfehlung von harriersand vor unserer Reise noch gebucht hatten. Pünktlich zum Start der Tour begann es zu regnen, was laut Wettervorhersage etwa 24 Stunden anhalten sollte. Bei der Running-Tour war es allerdings erst einmal nur leichter Nieselregen, der nicht ganz so schlimm war. Wie von harriersand angekündigt wurden wir an Ecken geführt, an die wir sonst nie hingelangt wären. Die Tour dauerte 95 Minuten und war zur Hälfte Laufzeit und zur anderen Hälfte hat der Führer uns bei den Stopps einiges erzählt. Es ging rauf und runter und teilweise auch über Kopfsteinpflaster, was meiner Achillessehne, die dann auch wieder stärker schmerzte, allerdings nicht gut tat.

Am Marathontag regnete es morgens nach dem Aufstehen kaum noch. Ich hatte die Hoffnung, dass es zum Start trocken sein würde, aber diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Auf dem Weg zum Startbereich schien der Regen zunächst fast aufzuhören, wurde dann aber wieder stärker. Umziehen konnten wir uns regengeschützt in einem Haus im Startbereich im Universitätsviertel. Aber spätestens um 9:45 Uhr, eine viertel Stunde vor dem Start, mussten wir unsere Kleiderbeutel an unterschiedlichen LKW’s abgegeben haben. Für mich war das orangene Startfeld zugeteilt gewesen wegen meiner Wunschzielzeit von 3:59 Std., welche ich bei der Anmeldung noch angegeben hatte, aber jetzt natürlich nicht mehr realistisch war.


Ediburgh-Marathon 2019
Unmittelbar nach dem Umziehen. Foto von J.R.



Bis drei Minuten vor dem Start stellte ich mich mit vielen anderen Läufern in einer Hauseinfahrt direkt neben meinem Startfeld unter. Es regnete nun wieder stärker.
Um Punkt 10 Uhr erfolgte der Startschuss, aber nur für die ersten Blocks. Die anderen Blocks durften dann nach und nach nach vorn gehen und etwa in Minuten- oder 2-Minutenabständen starten. Ich selbst überlief die Startlinie um 10:07 Uhr.

Wegen des Regens hatte ich gar keine große Lust, zu laufen. Ich hatte mich entschieden, die Brille nicht mit dem Kleiderbeutel abzugeben sondern auf dem Kopf zu behalten, was aber nur ein Vorteil ist, wenn es nicht oder kaum regnet. Bei stärkerem Regen muss ich mit den Fingern ständig die Regentropfen vom Brillenglas wischen oder gar die Brille ganz abnehmen und in der Hand tragen. So oder so kann ich da nicht gut gucken.
Zum ersten Mal nach 46 Marathons entschied ich mich diesmal für ein Longsleeve-Shirt, das ich unter dem ForumTeam-Singlet trug. Bei dem langsamen Laufen und dem schlechten Wetter konnte ich mir vorstellen, dass mir kalt werden würde.

Nur am Anfang ging der Edinburgh-Marathon durch Edinburgh. Es waren sogar einige Zuschauer da. Es ging hauptsächlich bergab, u.a. auch die Royal Mile bis zum Palast von Hollyroodhouse und dann am Hollyrood Park entlang aus der Stadt heraus Richtung Küste. Diese erste halbe Stunde konnte ich leider nicht gut genießen wegen des Regens, der dann aber zum Glück aufhörte.

Die Achillessehne schmerzte bei jedem Schritt. Nicht stark, aber stärker als zuletzt beim Training. Nach der Running-Tour vom Vortag hatte ich das aber auch befürchtet. Zudem hatte ich vergessen, Voltaren aufzutragen. Nichtsdestotrotz stellte ich mir die Frage, ob es so sinnvoll war und ist, mit Schmerzen zu trainieren und mit Schmerzen den Marathon zu laufen, nur um ihn nicht absagen zu müssen? Jetzt war ich allerdings so weit gekommen, dass es keine Option mehr war, den Marathon abzubrechen, außer wenn die Schmerzen plötzlich richtig stark werden würden, aber damit rechnete ich nicht. Allerdings beschloss ich für mich während des Laufens, nach dem Marathon eine längere Laufpause einzulegen, wahrscheinlich den ganzen Juni, und danach ganz langsam wieder anzufangen. Das bedeutet, dass es nicht viele und keine ambitionierten Wettkämpfe im dritten Quartal für mich geben wird.

Nachdem es schließlich trocken wurde und wir an der Küste entlang liefen, begann mir der Marathon endlich ein bisschen Spaß zu machen. Hin und wieder, vor allen Dingen in den Ortschaften wie dem Badeort Portebello, standen recht viele Zuschauer. Immer wieder reichten einige Zuschauer Süßigkeiten, z.B. Gebäck oder Fruchtgummi. Einmal griff ich auch bei Fruchtgummi zu, weil ich so langsam etwas Hunger bekam, aber lieber hätte ich ein Stück Banane gegessen, aber Bananen wurden nicht gereicht. Etwas Festes zu essen gab es vom Veranstalter überhaupt nicht. Dafür gab es immer wieder flüssiges Gel, welches man auch ohne Wasser herunter kriegen konnte, obwohl ich mir zum Herunterspülen auch immer Wasser geben ließ. Das Wasser wurde in Plastikflaschen gereicht, vermutlich 0,5 l oder ein Pint, wobei der Verschluss abgeschraubt war. Im Grunde war immer zu viel Wasser drin, so dass ich die Flasche häufig halbvoll wegschmiss. Die Abstände zwischen den Wasserstationen waren aus meiner Sicht vollkommen ausreichend.

Bei Meile 9 erreichten wir auch schon Musselburgh, den späteren Zielort. Ab jetzt würden wir den Weg, den wir weiter laufen, auch wieder bis Musselburgh zurück laufen (Pendelstrecke).
Das Wetter hatte sich nun eingependelt: Hauptsächlich stark bewölkt, aber zum Glück vollkommen trocken bei sehr starkem Wind aus West. D.h. wir hatten erst einmal starken Rückenwind, den wir dann auf dem Rückweg als Gegenwind hatten.

Mein Tempo war schneller als ich es mir vorgenommen hatte. Ich hatte mir ausgerechnet, dass ich, um 6:30er Tempo zu laufen, 10:30 Minuten auf die Meile benötigen durfte. Meine gestoppten Zeiten waren aber völlig unterschiedlich, meist schneller, manchmal aber auch langsamer. Die Meilenschilder standen vermutlich alle mehr oder weniger falsch, einige habe ich übersehen, manche gab es womöglich gar nicht? Wie schnell ich also genau lief, konnte ich also gar nicht sagen, erst als ich über eine Messstelle kurz nach Meile 13 lief. Das musste die HM-Marke sein: 2:07:xx! So war ich also sehr viel schneller als vorgenommen unterwegs! Würde der Einbruch auf der zweiten Hälfte dafür umso schlimmer werden oder war ich doch ganz gut drauf? Lag es an dem starken Rückenwind, der uns bald entgegenblasen würde?

Etwa bei km 25 kam mir J.R. entgegen, der seinerseits bereits bei etwa km 31 war, und klatschte mich ab. Die Strecke war, wenn man das Meer sehen konnte, was nicht immer, aber sehr häufig der Fall war, wirklich sehr schön. Bei ca. km 29 wurde mit einer großen Schleife durch einen Park der Rückweg angetreten. Nach gut 30 km war man dann auch wieder auf dem Pendelweg, wo mir noch sehr viele Läufer entgegenliefen. Sehr rasch wurde das Feld der entgegenkommenden Läufer aber doch immer lichter.

Der Rückweg mit dem starken Gegenwind war wie erwartet anstrengend. Gerade bei nicht windgeschützten Abschnitten, die in der Mehrheit waren, blies uns der Wind böenartig entgegen (8Bft). Die leeren Wasserflaschen auf der Straße wurden durch die Luft geschleudert. Ich denke, SCC Events hätte den Marathon abgebrochen.
Etwa bei km 35 ist etwa die Hälfte der Läufer um mich herum gegangen. Ich probierte es auch kurz mit Gehen, aber hatte den Eindruck, dass ich mich dabei nicht wirklich erhole. Außerdem würde ich mit Gehen ja noch viel mehr Zeit bis zum Ziel benötigen und so verfiel ich wieder ins Laufen. Es war anstrengend, aber machbar. Ich musste ja nicht irgendeiner bestimmten Zeit hinterherrennen sondern lief das Tempo, das ich konnte.
So schaffte ich Meile für Meile, bis wir endlich Musselburgh erreichten. Das Ziel war allerdings noch nicht erreicht. Ein bisschen mussten wir noch laufen, was bei den nun wieder vielen Zuschauern trotz der Anstrengungen Spaß machte. Da mir an Füßen und Beinen nun so vieles wehtat, waren die Schmerzen an der Achillessehne nicht mehr dominierend.

Ich hatte mir vorher nicht gemerkt, wie viele Yards man nach 26 Meilen noch zu laufen hat, bis die Marathondistanz geschafft ist. So zogen sich die letzten paar hundert Meter länger als erwartet hin, aber schließlich hatte ich es nach einer langen Gerade dann doch geschafft! Mit 4:24:12 Std. noch deutlich unter viereinhalb Stunden! Damit hatte ich vorher wirklich nicht gerechnet. Natürlich war ich sehr zufrieden!

Im riesigen Hinterzielbereich musste ich mich etwas orientieren, aber schnell fand ich dann zu meinem Kleiderbeutel, der im Freien auslag, aber doch nicht nass geworden war. J.R. wartete auch schon und nicht viel später machten wir uns dann auf den langen Fußweg von etwa 30 Minuten zu den Shuttle-Bussen. Die meisten Busse fuhren nach Edinburgh-Zentrum. Die Tickets wurden auch kontrolliert und so sind wir auch in den richtigen Bus eingestiegen. Die Fahrt dauerte recht lange (über eine halbe Stunde) und ging auch über Autobahn mit Stau, aber am Ende wurden wir tatsächlich in Edinburgh abgesetzt. Allerdings hatten wir dann auch noch eine Weile zu gehen, bis wir unser Hostel erreichten. Insgesamt absolvierten wir an dem Tag mehr als 50 km laufend und gehend und hatten am Abend keine Lust mehr, irgendwohin zu gehen.

Ich schmierte meine Beine am Abend noch mit dem Gel („hot“) ein, das ich nach dem Ziel zusammen mit dem Finisher-Shirt in einem schicken Köfferchen bekommen hatte und glaube, dass das der Regeneration gut getan hat. Am nächsten Tag trug ich dann das zweite Gel („cold“) auf und bekam am Nachmittag im Flieger, wo ich den mittleren Sitz hatte, keinen Krampf, was meine Sorge gewesen war.

Heute, ein paar Tage danach, muss ich sagen, dass ich zwar meinen langsamsten Marathon aller Zeiten gelaufen bin mit einer der schlechtesten Vorbereitungen, aber es ging mir nach Marathons auch schon schlechter. Training wird vielleicht doch überschätzt? Wenn einem die Zeit nicht wichtig ist, kann man auch mit wenig Training das Ziel erreichen. Gesundheit sollte allerdings vorhanden sein.



4h 24m 12s
10k: 59m 17s
Half: 2h 7m 22s
30k: 3h 3m 1s
Gun Time:4h 31m 55s






Ediburgh-Marathon 2019
Quelle: https://static.marathon-photos.com/MyPace/index.html#/7649/6472/2517






Weitere Statistiken, Strecke, Pics.








zurück nach oben