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29.09.2024 Berlin-Marathon
35. Berlin-Marathon in Folge gefinished bei der 50. Ausgabe
Dieses Jahr hatte der Berlin-Marathon seine 50. Ausgabe. Für mich sollte es der 35. Berlin-Marathon werden. Die ersten 15 Berlin-Marathons von 1974 bis 1988 hatte ich noch nicht mitgemacht, ab 1989 war ich aber immer dabei und erreichte auch immer das Ziel. Das sollte dieses Jahr bei der Jubiläums-Ausgabe natürlich auch passieren, aber eine Verletzung machte die Teilnahme bis kurz vor dem Datum für mich fraglich.
Kurz vor Weihnachten erlitt ich einen Muskelfaserriss im hinteren Oberschenkel. Die Verletzung brach im April erneut auf, als ich dachte, auf gutem Weg zu sein und endlich anfangen wollte, ernsthaft zu trainieren. Die zweite Verletzung erwies sich als noch schlimmer; vielleicht hatte ich aber auch nur den Eindruck? Jedenfalls war ich danach noch vorsichtiger, pausierte noch länger komplett und nahm nach ersten kurzen Tests, wo die Schmerzen nicht ganz weg waren beziehungsweise wiederkamen, noch nicht das Training wieder auf. So ist mir dann allerdings die Zeit davongelaufen und wir hatten bereits August.
Die Flinte ins Korn werfen und zu entscheiden, nicht zu starten, wollte ich aber trotzdem (noch) nicht.
Drei Szenarien waren denkbar:
• Worst case:
Der BM wird ohne mich stattfinden, weil eine Teilnahme wegen zuvor erneut aufgebrochener Verletzung oder starker Schmerzen nicht möglich ist.
• Middle case:
Ich werde am Start sein, aber das Ziel nicht erreichen, weil die Verletzung während des Marathons erneut aufbricht oder einfach der Trainingszustand zu schlecht ist, als dass ich das Ziel erreichen kann oder werde vom Besenwagen aus dem Rennen genommen.
• Best case:
Ich werde am Start sein und das Ziel erreichen und in die Wertung kommen, wenn auch mit einer ganz miserablen Zeit, mit viel Quälerei und einem hohen Walking-Anteil.
Ich befand mich in dem Dilemma, gern trainieren zu wollen, mich aber nicht zu trauen, weil ich Angst vor einem erneutem Aufbrechen der Verletzung hatte. Das wäre das Ende meiner Teilnahme-Hoffnung gewesen. So lief ich in den beiden letzten August-Wochen jeweils 22 km im vorsichtigen 6:45er Schnitt und dabei 1x auch 15 km am Stück und in der ersten September-Woche 21 km. In dieser Woche hätten es eigentlich noch mehr Kilometer werden sollen, aber die Schmerzen im betroffenen Oberschenkel, die bislang nicht wirklich stark waren, wurden dann doch wieder stärker. Deshalb beendete ich quasi das „Training“ und lief in den beiden Wochen vor dem BM nur noch jeweils 1x vorsichtig 6 km, um nicht noch eine weitere Verschlechterung zu riskieren. Insgesamt sind 105 km von Juli bis vor dem BM zustande gekommen, genauso viel wie zwischen Februar und April, also insgesamt 205 Jahreskilometer.
Dennoch entschied ich, es zu wagen, an den Start zu gehen.
Meine Idee war es, zu versuchen, immer wieder im Wechsel etwa die Hälfte des Berlin-Marathon laufend im ca. 7er Schnitt zu absolvieren und die andere Hälfte walkend im ca. 10er Schnitt, um so das Ziel zu erreichen und dabei natürlich genau darauf zu achten, wie das Bein reagiert.
Die äußeren Bedingungen waren dieses Jahr perfekt mit Sonnenschein und bis zu 15°.
Aufgrund meiner frühzeitigen Anmeldung vor Monaten, als ich noch optimistisch war, gut und fleißig trainieren zu können, hatte ich das Recht, aus der zweiten von vier Startwellen zu starten, was ich auch in Anspruch nahm, damit der Besenwagen sich möglichst weit hinter mir befand. Natürlich sind die meisten Läufer aus meiner Startwelle viel schneller gewesen als ich, deswegen hatte ich mich von vornherein auch hinten eingeordnet. Es war gar nicht so einfach, so langsam loszulaufen mit den vielen Schnelleren. Eigentlich wollte ich mit 7er Schnitt beginnen, aber es war auf den ersten Kilometern nicht viel langsamer als 6:30er. So richtig wohl fühlte ich mich da nicht, zumal ich auch sehr früh leichte Schmerzen verspürte. Ich hatte ganz pessimistische Überlegungen im Kopf: „Wie sollen die Muskeln 42 km halten, wenn ich jetzt schon nach den ersten Kilometern Schmerzen habe und wie soll ich die 42 km überhaupt schaffen mit dann vermutlich noch größer werdenden Schmerzen und dem nicht vorhandenen Training?“ Ich ärgerte mich selbst über meine Unvernunft, überhaupt die Idee gehabt zu haben, hier an den Start zu gehen und nicht schon vor sechs Wochen abgesagt zu haben. Wahrscheinlich würde es nun das Vernünftigste sein, an der Schweizerischen Botschaft vor km7, wo man wieder ganz nah am Start-Ziel-Bereich vorbei läuft, auszusteigen?
Nach gut 5 km begann ich erstmals mit dem Walken. Da fühlte ich mich erst recht nicht wohl, weil ich der Einzige war, der zu diesem Zeitpunkt schon walkte. Immerhin ließen die Schmerzen nach und als ich die Schweizerische Botschaft erreichte, bin ich doch nicht ausgestiegen. Ich stellte fest, dass ich beim Walken wesentlich schneller war als den vermuteten 10er Schnitt, nämlich eher 8:30 Minuten pro Kilometer. „Notfalls könnte ich auch den Großteil des Marathons walken und würde immer noch im Zeitlimit bleiben“, überlegte ich mir.
Fortan waren die Walking-Anteile hoch und die Schmerzen wurden weniger, bis sie schließlich so gering wurden, dass ich sie nicht mehr für problematisch ansah. Gleichwohl war ich allerdings darauf gefasst, dass es jeden Augenblick wieder anders werden könnte und beispielsweise bei einem falschen Schritt die Muskeln plötzlich reißen könnten und dann das Rennen für mich zu Ende wäre.
Kurz vor den Yorckbrücken. Foto von Natalie Raima
Die erste Yorckbrücke ist schon zu sehen. Foto von Natalie Raima
Von der Fitness her wurde es mit den Kilometern zwar immer anstrengender, aber im Grunde war ich mir schon vor der HM-Marke sicher, dass ich das Ziel erreichen würde unter der Voraussetzung, dass die Muskeln nicht reißen. Das habe ich dann auch allen, mit denen ich am Streckenrand oder auf der Strecke gesprochen habe, so gesagt, ob am Foristand (danke für Bier, Kartoffel und Schmalzstulle), am Babs-Point oder bei Hübi am Roseneck. Hübi, der viele Jahre ja der Einzige war, der alle Berlin-Marathons bestritten hatte, hat übrigens 36 erfolgreiche BM-Teilnahmen und sagte zu mir: „Nächstes Jahr hast Du mich!“
Kurz nach KM 29 am Roseneck mit Hübi und André.
Ein nettes Erlebnis hatte ich in der Lenzeallee vor dem Wilden Eber: Ich war gerade wieder am Walken und sah wenige Meter vor mir einen älteren Läufer auf der Strecke, der ebenfalls am Walken war und den ich sofort erkannte, nicht zuletzt wegen der Rückennummer. Es war Günter Hallas, der 1974, vor 50 Jahren, den ersten Berlin-Marathon gewann. Da meine Walking-Geschwindigkeit etwas schneller war, schloss ich bald zu ihm auf und wünschte ihm gutes Durchkommen. Er bedankte sich sehr freundlich und ich hatte den Eindruck, dass er einem kleinen Gespräch nicht abgeneigt war und tatsächlich haben wir uns dann ein paar Minuten nett unterhalten, bis er schließlich sagte, er wolle mich nicht aufhalten und ich dann wieder mein etwas schnelleres Tempo einschlug.
Auf dem Ku’damm schlossen Annemarlen und ddo auf mich auf. Wir joggten und walkten ca. zwei Kilometer gemeinsam, bis ich die beiden ziehen ließ, da sie doch ein wenig schneller waren. Nach km34 ist das Bild, welches Schleicher geschossen hat, entstanden.
Zwischen km 34 und 35 mit Annemarlen und ddo. Foto von Schleicher.
Die letzten Kilometer schaffte ich schließlich auch noch, wobei der Walking-Anteil höher war. Das Joggen tat am Ende ganz schön in den Beinen weh, wobei ich weniger die Verletzung meine, sondern die Ermüdung der Beine aufgrund des fehlenden Trainings. Vom Kreislauf her ging es mir allerdings hervorragend. Das viele Fahrradfahren im Sommer hat zu einer guten Grundkonstitution geführt.
Sehr glücklich bin ich schließlich im Ziel angekommen.
Annemarlen, ddo und ich haben dann schließlich nicht auf der Reichstagswiese, die noch ramponiert war nach der Fußball-Europameisterschaft, sondern auf der Wiese zwischen Kanzleramt und Tipi den Marathon ausklingen lassen.
Rücken- und Startnummer
Quelle: https://berlin.r.mikatiming.com/2024
Quelle: https://berlin.r.mikatiming.com/2024
Quelle: https://berlin.r.mikatiming.com/2024
Diesmal stoppte ich tatsächlich meine Splits an den Kilometerschildern nicht per Hand. Ich hatte erstmals mein GPS-Gerät am Handgelenk, um immer wieder zwischendurch zu überprüfen, mit welchem Speed ich gerade so unterwegs war. Die GPS-Uhr ist am Ende fast auf einen gesamten Kilometer Streckenlänge mehr gekommen:
Kilometer Splits Gesamt 1 6:31 0:06:31 2 6:31 0:13:02 3 6:42 0:19:44 4 6:34 0:26:18 5 6:37 0:32:5 6 8:29 0:41:24 7 9:15 0:50:39 8 7:02 0:57:41 9 6:46 1:04:26 10 6:52 1:11:19 11 6:24 1:17:42 12 6:24 1:24:06 13 9:42 1:33:48 14 6:47 1:40:35 15 6:15 1:46:51 16 8:43 1:55:33 17 9:14 2:04:47 18 7:47 2:12:34 19 6:55 2:19:29 20 6:35 2:26:05 21 8:22 2:34:27 22 6:43 2:41:10 23 6:31 2:47:41 24 8:08 2:55:49 25 6:44 3:02:34 26 14:38 3:17:12 27 8:45 3:25:57 28 8:49 3:34:46 29 8:36 3:43:22 30 19:23 4:02:46 31 6:55 4:09:41 32 7:13 4:16:53 33 6:35 4:23:28 34 8:22 4:31:50 35 7:25 4:39:16 36 8:26 4:47:41 37 8:37 4:56:18 38 8:49 5:05:07 39 9:17 5:14:24 40 7:06 5:21:31 41 7:03 5:28:34 42 7:54 5:36:27 43 7:54 5:44:21 Ziel 9:42 5:45:38
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